Ein Messie-Haus füllt sich von den Ecken her mit Unrat. Erst das Altpapier, dann die Pfandflaschen, Schmutzwäsche, der Müll wird nicht mehr entsorgt und die Haufen werden immer größer. Übertragen auf eine Gesellschaft denkt man bei einer schleichenden Stagnation und Zerfall eigentlich erst an sozial Schwache, Kleinkriminelle, Drogenkonsumenten usw. Was aber, wenn die Fäule von Oben kommt, durch die Institutionen und hochoffiziell? Wie unterscheidet man da dann die Mafia von den Ehrenwerten? In einem Land wie Nigeria ist die Sache sonnenklar, jeder der darin lebt weiss, dass er in einer Geisterbahn lebt, und man stellt sich auf den Wahnsinn ein. Was aber, wenn sich Nigerianisierung in der Politik hinter der Maske der Redlichkeit vollzieht?
In Europa hat in den letzten 20 Jahren eine beispiellose Entwicklung in der Politik stattgefunden, eine Radikalisierung sondersgleichen. Beispiellos für uns die nach 1960 geboren wurden. Vor allem kleinere Länder ergeben sich diesen Entwicklungen mit einer gewissen Schamlosigkeit und ja, einem perversen Kitzel, vor allem der „Rechtspopulismus“ – eine Verharmlosung des Faschismus der aus der Bürgerschaft hervorgeht – macht seine Runde und der Rechtsradikalismus im Sogschatten hinterher. Mit einem mal scheint alles erkämpfte und erreichte unterspült. Dabei bräuchten wir jetzt, am Beginn der größten Krise der Marktgesellschaften, wertige und standhafte Institutionen und keine amoklaufenden Cliquen.
Und nicht nur die Entwicklung hin zum Rechtsradikalismus, zum Marktradikalismus, zum Funktionsreduktionismus ist Besorgnis erregend. Auch innerhalb der etablierten Staatsorgane findet eine anti-ethische Zersetzung statt, die sich äußert mit Kontrollwahn, der Bürger als eine bakterielle Infektion dünkt, um die ein Ring aus Antibiotikum gezogen werden muss.
In Österreich hat dieser sittlich-moralische Zerfall der Institutionen mit der Anwendung von §278a auf Tierschützer einen zweifelhaften Höhepunkt erreicht. Und wir lassen uns von dem politischen Machenschaften in den Balkanländern im Moment nicht irritieren, die da als noch negativere Beispiele fungieren könnten. Denn man sollte sich nicht nach unten orientieren bei diesen Angelegenheiten. Schrille Nachrichten aus Österreich gibt es nicht nur durch den Überfall auf Tierschützer und Tierrechtler in Anwendung des Mafiaparagraphen, sondern auch Andernorts „verfilzt“ es sich.
Martin Balluch, ein österreichischer Tierethiker und Tierrechtsaktivist mit naturwissenschaftlichem Hintergrund, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken ist einer der Beklagten im „Mafiaprozess“. Dessen Anwalt hatte vor Kurzem ein Interview auf dem Videoblog DiE WAHRHEit.AT gegeben und die Absurditäten dieses Verfahrens erläutert. Das Video ist inzwischen vom Netz verpufft, übrig blieb lediglich eine Gegendarstellung.
[Aktualisierung: Das Interview wurde aus juristischen Gründen entfernt, die Konsequenzen für den Vlog-Betreiber Mag. Jörg Wipplinger, MA, der nun auch in die Sache mit hineingezogen wurde und von Kleiderbauer mit mehreren Existenz bedrohenden Klagen konfrontiert ist, sind damit jedoch noch nicht absehbar. Der Standard hat darüber schon am 10. Mai berichtet. Wipplinger von DiE WAHRHEiT . AT berichtet über die Situation in seinem Facebook-Bereich.]
Trotzdem sind genügend staatsseitige Zumutungen dokumentiert. So wurde selbst gegen eine Richterin ermittelt als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, weil sie Verwaltungsstrafen gegen Tierschützer aufhob. Wie sich angsichts solcher Umstände wohl die aktuelle Richterin fühlt, die das Verfahren gegen die Tierschützer Balluch und andere leitet?
Und auch Kunst ist nicht sicher vor der unter Staatsautorität aggressiv operierenden Clique. So war diese Persiflage auf Hofer eine Anklage wert wegen „Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole“ laut Paragraf 248 StGB, einer Bestimmung gegen „Hochverrat und andere Angriffe gegen den Staat“.
Wohin also geht die Reise, Österreich? Doch zu nahe an Italien und dem Balkan? Was passiert mit einer Gesellschaft, in der die Angreifer gegen den Staat der Staat selbst ist, der sich gegen seine eigene Bevölkerung richtet und den Fisch vom Kopfe her faulen läßt? Nach unten gibt es keine Grenzen, und wenn man sich den freien Fall Österreichs ansieht, wird es nicht mehr lange dauern bis südlich von München nigerianische Verhältnisse herrschen.
Österreich braucht jetzt vor allem Eins: Mut. Mut zum Saubermachen. Holt diesen Mief aus den Ecken, bevor er euch über den Kopf wächst. Wär schade drum, so ein schönes Land.
Akualisierung II: Herzlichen Glückwunsch an alle Betroffenen für den Freispruch.
.
Ava Odoemena
(n. verantw. f. Werbeeinblendungen)
Schlagwörter: Aktivismus, antivegan, Diskriminierung, Ethik, Fail, Gegenwart, gesundes Töten, Jagd, Leben, PSEUDO, Repression, SIE, Staatsterror, Tierrechte, Tierrechtler, Tierschutz, vegan, vegane Interessen, veganes auge, Veganismus, Wirtschaft
7. Juni 2010 um 17:01 |
Ist nix neues, der Prozess geht ja auch schon eine Weile. Am absurdesten fand ich das: http://www.youtube.com/watchv=lRmQ0CcLAyY&feature=channel_page und wer noch mehr drüber lesen will, der Link kommt von hier: http://www.vegan.at/repression/
Polizeistaat juchee!
7. Juni 2010 um 18:04 |
Der URL funzt nicht bei mir, 404?
7. Juni 2010 um 18:38
fehlt nen Fragezeichen
7. Juni 2010 um 20:57
Merci Michael.
Wie hat man sich das denn in Österreich vorzustellen, die Polizei darf einem ohne Verhaftung zwingen, mit auf die Wache zu kommen!? Und einen DNS-Abstrich machen lassen?
Zumindest in Deutschland ist NIEMAND verpflichtet auszusagen oder Angaben zu machen. Bitte dazu auch mal diesen lehrreichen Artikel im Lawblog lesen!
8. Juni 2010 um 01:51 |
Ist das der, dessen Verdächtigung irgendwie fallengelassen wurde, als er angab, nicht „streng“ vegan zu leben? War ja wohl auch so ein aberwitziges Detail in diesem Gigagestrick. Da kann man so eine Art unfreiwillige Tiefgründigkeit reindeuten, im Sinne einer Unterscheidung zwischen Tierschützern und Tierrechtlern, was natürlich keine Rückschlüsse auf Aktionsmethoden oder sonstwas zulässt, aber so einen Hauch politisch durchblickender, sachlicher Ermittlungsstrategie suggeriert. Diese vermeintliche Sachlichkeit gegen die tatsächliche Hysterie, Absurdität und Willkür zu halten, ergibt am Betrachteten ein faszinierendes Flackern, an dem man bekloppt werden kann. Und wenn ich diesen meinen Beitrag auf Verständlichkeit überprüfe – ich fürchte ich bin es schon ein bißchen. : )
8. Juni 2010 um 01:39 |
http://kurzurl.net/operationSpring2
8. Juni 2010 um 02:06 |
Da waren nochmal Informationen dabei die ich noch nicht kannte…
8. Juni 2010 um 02:50
Hallo und danke übrigens.
8. Juni 2010 um 02:08 |
Beim Thema Rechtsrucks hast du es ja schon angesprochen, aber ich finde es wichtig, auch an die anderen Abgrunds-Annäherungen anderer Länder nochmal zu erinnern, auch wenn das in Österreich eine andere Stufe erreicht hat und/oder die Auswüchse sichtbarer geworden sind.
USA schon lange, zum FDP-Antrag hattest du ja auch schon gebloggt, wir haben §129a,…
8. Juni 2010 um 02:15 |
„Nigerianisierung“ kann man (fast) ohne weiteres durch „Amerikanisierung“ ersetzten, das stimmt schon. Insofern spiele ich da mit problematischen Bildern, das ist mir schon klar…
8. Juni 2010 um 02:45 |
Albino rappt gegen §129a. Da gibt es auch eine erweiterte Version mit 278a aber die finde ich grad nicht.
8. Juni 2010 um 11:46 |
Es ist offensichtlich, dass es völlig unverhäntnismäßig und geradezu irre ebenso wie gefährlich ist, Tierschützer quasi als organisierte Kriminalität zu behandeln. Die wirkliche organisierte Kriminalität freut sich.
9. Juni 2010 um 21:21 |
[Aktualisierung: Das Interview wurde aus juristischen Gründen entfernt, die Konsequenzen für den Vlog-Betreiber Mag. Jörg Wipplinger, MA, der nun auch in die Sache mit hineingezogen wurde und von Kleiderbauer mit mehreren Existenz bedrohenden Klagen konfrontiert ist, sind damit jedoch noch nicht absehbar. Der Standard hat darüber schon am 10. Mai berichtet. Wipplinger von DiE WAHRHEiT . AT berichtet über die Situation in seinem Facebook-Bereich.]
10. Juni 2010 um 01:57 |
Ich habe in der Wikipedia eine exzellente Zusammenfassung gefunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tierschutzcausa